Wehr und Alltag im 15. Jahrhundert

Städtische Aufgebote

Im ausgehenden Mittelalter boten Bürgerrechte nicht nur Privilegien. Jeder Bürger musste seinen Teil zum städtischen Gemeinwohl beitragen. Diese Verpflichtungen schlugen sich in Zöllen und dem städtischen Wehrdienst nieder. Jede Stadt besaß ihre eigene Stadtrechtsammlung die die vorher genannten Punkte minutiös regelte.

Im militärischen Bereich hatten die Bürger einen festgelegten Dienst an der Waffe abzuleisten. Insbesondere die Zünfte und Gilden spielten bei der Formierung von städtischen Aufgeboten eine bedeutende Rolle. Die Aufgaben dieser Aufgebote waren unter anderem die Verteidigung im Kriegsfall, Wachdienststunden auf der Mauer, der nächtlichen Gassen und an den Toren, sowie die Brandbekämpfung.

Die militärische Ausrüstung musste jeder Bürger, abhängig von seinem Geldbeutel, selbst bezahlen und anschaffen. Das Stadtrecht gab dabei an, welche Ausrüstungsgegenstände vorzuweisen waren. In bis heute erhaltende Statuten wurden häufig Helm, Harnisch, Handschuhe und Langwaffe oder Arkebuse gefordert. Mit Harnisch war allerdings nicht zwangsläufig ein Plattenpanzer gemeint, sondern könnte auch Brigantine oder Gambeson (wattiertes Leinenwams) bedeuten. Regelmäßige Musterungen garantierten die ständige Einsatzbereitschaft. Verstöße gegen die Statuten zogen dabei empfindliche Strafen nach sich.


Rüstungstechnik

Rüstungen im 15. Jahrhundert waren vielfältig und es gab, je nach Anwendung, unterschiedliche Variationen. Dem Überblick halber kann man sie aber getrost in zwei Rüstungskategorien einordnen. Dem gotischen und dem italienischen Harnisch. Während sich der gotische dirch klingenbrechende Kanten, Kannelierungen und Spitzen auszeichnete, ließ der italienische Harnisch durch seine gewölbten und runden Formen Klingenhiebeabgleiten.

Die Produktion dieser Harnische nahm im 15. Jahrhundert bereits vorindustrielle Züge an. Bekannt sind dabei insbesondere die italienischen Exportharnische, die nach ganz Europa verkauft wurden. Komplette Dörfer oder gar Regionen lebten von der Herstellung von Rüstungsteilen. Im süddeutschen Raum waren besonders Nürnberg, Augsburg oder Innsbruck für ihre Plattenmanufakturen bekannt.


Stangenwaffen

Die Erfolge der eidgenössischen Gewalthaufen veränderte das Militärwesen im ausgehenden Mittelalter immens. Der Einsatz von Stangenwaffen im Verbund entpuppte sich als effektive und dabei günstige Art der Kriegsführung und leitete letztendlich das Ende der ritterlichen Heere ein. Es sorgte dafür, dass im ausgehenden Mittelalter Stangenwaffen in vielen Variationen entstanden und diese bis zu ihrer Ablösung durch ausgereiftere Schusswaffen im 16. Jahrhundert das waffentechnische Rückgrat der Armeen bildeten.

Während Spieße vornehmlich gegen Kavallerie zum Einsatz kamen, konnten Hellebarden und Mordäxte durch ihre Kombination aus Hieb- und Stichwaffe vielseitig auch gegen Infanterie eingesetzt werden. Hellebarden bestanden aus einer Stichspitze in Kombination mit einem großen Axtblastt und einem Reißhaken. Mordäxte waren dagegen kürzer gehalten und wiesen auf der rückwärtigen Seite des Axtblattes einen Schlaghammer auf.


Schwerter und Kurzwehren

Bereits in der Zeit der Völkerwanderung kam dem Schwert nicht nur eine militärische Bedeutung zu. In unzähligen Sagen und Legenden wurde es mystifiziert. Darum verwundert es nicht, dass es bis in das 15. Jahrhundert hinein eine starke Symbolik in sich trug und vornehmlich der Ritterschaft vorbehalten war, Nicht zuletzt spielte auch der finanzielle Aspekt eine Rolle, denn es handelte sich aus heutiger Sicht um eine Hightech-Waffe.

Mit verbesserten Produktionsmethoden und dem Pragmatismus, bezahlte Söldnerheere audzustellen, wandelte sich im 15. Jahrhundert diese Einstellung. Ein Schwert blieb zwar teuer, wurde aber erschwinglich. Es wurde entmystifiziert und entwickelte sich, zumindest in der Kriegsführung, zur praxisorientierten Standardwaffe.

Während wir bis um 1350 Schwerter finden, die im Kampf einhändig geführt wurden, entwickelten sich ab diesem Zeitraum und einhergehend mit der Verbesserung der Rüsttechnik zweihändig geführte Modelle. Auch die Klingenform unterlag großen Veränderungen. Von der breiten Hiebwaffe ging die Entwicklung hin zum schlanken Stickschwert. Man muss allerdings sehr vorsichtig sein zu behaupten, dass einhändige Kurzschwerter nicht mehr in Gebrauch waren. Je nach Geldbeutel oder Vorliebe des jeweiligen Trägers fanden sie sich bin in die Renaissance hinein. So z.B. der Katzbalger, die typische Kurzwehr der Landsknechte.